79. Jahrestag der Befreiung

Freundeskreis Guernsey im StäPa richtet Gedenkfeier zum 79. Jahrestag der Befreiung des Lagers Lindele  aus

Anlässlich des 79. Jahrestages der Befreiung des ehemaligen Lagers Lindele am 23. April richtete der Verein Städte Partner Biberach durch den Freundeskreis Guernsey eine Gedenkveranstaltung aus. Rund 60 Personen, darunter auch OB Norbert Zeidler, trafen sich bei der Gedenkskulptur „Der Schrei“ des Künstlers Robert Schad vor dem ehemaligen Lager Lindele, der heutigen Hochschule für Polizei. Die Vorsitzende des Freundeskreises Helga Reiser begrüßte erfreut die große Besucherschar und erinnerte an die verschiedenen Nutzungen des Lagers. Ab 1942 wurden rund 1000 britische Zivilisten, vor allem von der Kanalinsel Guernsey, ins Lager Lindele deportiert. Nach über zweieinhalb Jahren wurde das Lager am St. Georgs-Tag vor 79 Jahren durch französische Truppen befreit.

Danach lasen Mitglieder des Freundeskreises aus den bewegenden Erinnerungen von vier der damals Befreiten: Vom damals jugendlichen Tom Remfrey, der aus Guernsey mit seinen Eltern ins Lindele Lager gebracht wurde, vorgetragen von Agnes Brendle. Barbara Würz las aus dem Buch „The Day the Nazis Came“ von Stephen Matthews, der darin auch die Tagebuchaufzeichnungen seiner Mutter veröffentlichte. Dann die Erfahrungen der in Wien geborene Jüdin Marietta Moskin, die zuerst nach Amsterdam geflohen ist und dann 1943 mit ihrer Familie vom Austauschlager Bergen-Belsen ins Lindele Lager gebracht wurde, und wie sie dann die Befreiung vom Lindele erlebt hat. Michaela Jenke las aus deren Buch „I am Rosemarie“, das 2005 von Biberacher Schülern ins Deutsche übersetzt und mit dem Titel „Um ein Haar“ veröffentlicht wurde. Zuletzt zitierte Rotraud Rebmann aus den Erinnerungen von Margaret Rose, die als 6-jährige mit ihren Eltern ins Lager deportiert wurde, das mit einem Zitat ihres Vater auf das Gute und Böse hinweist, dass man zwar nicht vergessen soll was geschehen ist, aber man sich besser auf die Zukunft fokussieren soll, und nicht immer der Vergangenheit nachläuft; zitiert aus dem Buch „Beyond the Wire“.

Im Zusammenhang mit der Gedenkfeier bot der Freundeskreis Guernsey zusammen mit der Hochschule für Polizei eine Führung durch die Ausstellung „Lager Lindele“ an. Die Dauerausstellung befindet sich in einem Gebäude der Hochschule für Polizei, die auf dem Gelände des Lagers Lindele errichtet wurde. Daher ist die Ausstellung nicht ohne Weiteres zu besichtigen. Das Interesse war so groß, dass aus einer Führung zwei wurden, und noch immer nicht alle Interessenten teilnehmen konnten.

Rotraud Rebmann vom Freundeskreis Guernsey berichtete über die Geschichte und das Leben im Lindele Lager, das ursprünglich als Kaserne für die Wehrmacht gebaut und in Juni 1939 eröffnet wurde. Nach nur wenigen Monaten, nach Kriegsbeginn wurde es zu einem „Vorzeigelager“ für Kriegsgefangene der Nazis umfunktioniert.

So wurden Franzosen, wie auch Englische Offiziere hier einquartiert. Hierzu berichtete Stefan Rasser, der Autor des Buches „Wir sind durch“, dass es im September 1941 26 britischen Offizieren gelang, durch einen quasi mit Löffeln und Dosen gegrabenen Tunnel zu fliehen. Vier Offizieren war es tatsächlich gelungen via Schweiz den Weg nach England zu finden. Nachdem in Februar 1942 die sowjetischen Kriegsgefangene abtransportiert waren (wovon etwa 150 den Tod fanden in und Biberach beerdigt wurden), wurde das Lager zu einem Internierungslager für englische Bewohner der Kanalinseln, vor allem von Guernsey. Rund 1.000 Zivilisten, zum Teil mit ihren Kindern, wurden nach Biberach deportiert.

Nach der Befreiung der Internierten am 23. April 1945 durch die französischen Truppen, wurden die Unterkünfte umfunktioniert in ein Lager samt Krankenhaus für Flüchtlinge aus dem Osten. Die Führung endete an einem Modell des Lagers Lindele; eine Kopie des Modells steht auch im Occupation Museum auf Guernsey.

Nichtsdestotrotz, beim Allem was im Lager Lindele passiert war, haben sich Freundschaften zwischen Biberachern und Deportierten gebildet, die bis zum heutigen Tag anhalten und eine Basis geschaffen haben für die heutigen freundschaftlichen Beziehungen zwischen Guernsey und Biberach. Mehr Informationen, Kunst und Kultur aus Guernsey wird es bei den Guernsey-Wochen im Oktober geben. Und es gibt bereits Überlegungen, dann auch weitere Führungen durch die Ausstellung „Lager Lindele“ anzubieten.