Red Wine begeistern im Ummendorfer Schloss

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Freudig begrüßte Christina Schomborg vom Kulturkreis Ummendorf zu Beginn des Konzerts am vergangenen Samstag die Besucher im fast ausverkauften Prälatensaal des Ummendorfer Schlosses: „Wenn Sie die Zeitung aufschlagen und schauen, was heute alles geboten wird – wohl nur sehr selten gab es an einem einzigen Samstag so viele Veranstaltungen -, freut es uns ganz besonders, dass Sie heute Abend hier bei uns sind“. Gelockt wurden die vielen Besucher von der Genueser Bluegrass Band „Red Wine“, angekündigt als eine der besten europäischen Bands dieses Genre. Um es vorweg zu nehmen, Red Wine erfüllte selbst höchste Erwartungen! „Wir freuen uns, endlich wieder in Ummendorf zurück zu sein. Wir waren das letzte Mal vor etwa 17, 18 Jahren hier. Die Veranstalter waren damals so begeistert von uns, dass sie uns nun erneut engagiert haben“. Mit dieser etwas flapsigen Einleitung, die auch den freundschaftlichen Kontakt zum Kulturkreis trotz der langen Zeitspanne widerspiegelt, eröffnete Martino Coppo den Auftritt. Dass seine Begrüßung mit „Gute Nacht“ allein den mangelnden Deutsch-Kenntnissen geschuldet war und nicht für den folgenden Auftritt stand, zeigte gleich der schwungvolle Opener „I’ll Be Dammed“. Gänzlich ohne elektronische Verstärkung – weder Pick Ups noch Mikrophone kamen zum Einsatz, nur der E-Bass musste zwangsläufig an einen Verstärker angestöpselt werden – entführte das Quartett ihr Publikum in die Welt des Bluegrass mit den dafür typischen Instrumenten Banjo, Mandoline, Gitarre, Bass und überzeugendem mehrstimmigen Gesang. Locker und leicht, bestens aufeinander abgestimmt und mit viel Spielfreude und –witz präsentierten sie vorrangig Songs wie “Someone Else’s Dream“, Will Marings „Bottomlands“ oder „Tangled Roots“, die sie auch auf ihren beiden letzte Alben „Red“ und “Pickin‘ Friends“ veröffentlicht haben.
 
Das Ummendorfer Publikum hörte wie immer gebannt, aufmerksam und mucksmäuschenstill zu, belohnte die zahlreichen Soli mit Zwischenapplaus, und nach den Stücken belohnte es das Quartett mit tosendem Applaus. Beim swingenden „Darktown Strutter’s Ball“ dauerte es nicht lange, bis das Publikum mit swingte und zurückhaltend mit klatschte, um die akustische Darbietung nicht zu übertönen. Mit der Akustik hatte auch Gitarrist Marco Ferretti zu kämpfen, wurde sein Instrument doch recht leicht von der Mandoline und vor allem dem Banjo in den Hintergrund gedrückt. Aber die routinierten Musiker sorgten dafür, dass insbesondere im zweiten Teil des Abends Marco nicht allein bei seinen Soli mit seiner Fingerfertigkeit glänzen durfte und dafür wohlverdienten Szenenapplaus einheimste. Eben jenes 5-string Banjo bedient Silvio Ferretti, der bereits 1978 zusammen mit dem auch bei uns bestens bekannten Akustikgitarristen Beppe Gambetta die Band gründete. Mit seinem unaufdringlichen, aber doch stets präsenten Spiel entlockte Silvio mit lockerem und flinkem Fingerpicking seinem Instrument den typischen metallischen Klang. Nach dem überzeugenden Auftritt glaubt man gerne, dass Silvio mit zu den besten Banjospielern zählt.
Red Wine reichert den klassischen Bluegrass mit weiteren Duftnoten an, indem sie insbesondere italienische Elemente einbauen oder irische Folksongs in diesem Stil neu arrangieren. Eine fast schon komödiantische Darbietung war ihr „Mamma Mia Medley“, in dem sie italienisch angehauchte Schlager „That’s amore – Buonasera Signorina – Malafemmena – Oi Mari‘“ persiflieren. Hier durfte Bassist Lucas Bellotti (den es zufälligerweise aus beruflichen Gründen nach Valence gezogen hat, der gemeinsamen französischen Partnerstadt von Asti und Biberach), der nicht nur mit seinem 5-saitigen Bass, sondern auch mit seiner Körpersprache das Tempo angab, mit einem Solo glänzen. Und Martino Coppo bewies, dass er die Mandoline nicht allein im Bluegrass-Stil ausgesprochen gekonnt beherrscht, sondern auch mit italienischem Klang bezaubern kann. Martino Coppo gab zudem nicht nur beim Gesang mit seiner wunderschönen Stimme den Ton an, sondern auch bei den in Englisch gehaltenen Ansagen. „Warum sprechen wir eigentlich so viel über Irland, wenn eine italienische Band in Deutschland US-amerikanische Musik spielt“, fragte er das Publikum, um die Antwort gleich selbst zu liefern: „Mit den irischen Siedlern landeten auch irischen Instrumente und Lieder an der nordamerikanischen Ostküste. Daraus entwickelte sich über die Zeit unter anderem der Bluegrass. Letztlich kommt also auch unsere Musik aus Irland“. Diese Melange mündete in der Bluegrassversion des Songs „Il cielo d’Irlanda“des italienischen Liedermachers Massimo Bubola, mit dem dieser der Schönheit Irlands huldigt. Das war nicht das einzige Stück, bei dem die famosen Vier mit ihrem mehrstimmigen Gesang das Publikum vereinnahmten.
Beim Fiddle-Tune „Cherokee Shuffle“ holte Red Wine einen Gast auf die Bühne, den in Erolzheim lebenden Dänen Jesper Rübner-Peterson, der in der europäischen Bluegrass-Szene gut bekannt und vernetzt ist, und ja auch schon bei einigen Auftritten von Beppe Gambetta im Ummendorfer Schloss auf die Bühne geholt wurde. Da in dieser Szene die Mandoline als die „poor man fiddle“, die Geige der Armen gilt, war das Stück ja passend gewählt. Es war geradezu unglaublich, wie Jesper ohne sich warm zu spielen auf die Bühne ging, sofort in der Gruppe aufging und munter mit seinen rasend schnellen Soli das Publikum begeisterte.
 
Lang anhaltender Applaus und lautstarkes rhythmisches Klatschen entlockte Red Wine insgesamt drei Zugaben, darunter eine unter die Haut gehende Interpretation des McCartney-Stückes „For No One“ aus dem 1966er Beatles Album Revolver, und dem John Fogerty Song“Southern Streamline“. Die sympathischen Italiener bedankten sich nach ihrem knapp zweieinhalb Stunden dauernden, abwechslungsreichen und kurzweiligen Konzert bei dem großartigen Publikum, und hoffen, bald wieder auf der Bühne des Ummendorfer Schlosses stehen zu dürfen.

(Text: Hans-Bernd Sick, Foto: Michael Schlüter)