WaWa’Swing aus Valence

bringen „Good Vibes“ mit Tiefgang ins Publikum

Die charismatischen Damen von „WaWa’Swing“ aus der Biberacher Partnerstadt Valence brachten mit ihrem jugendlichen Elan, augenzwinkerndem Charme und französischem Esprit das illustre Publikum im erneut ausverkauften Jazzkeller mühelos in Schwung. Die überwiegend französischsprachigen Titel, für die besondere Quartett-Besetzung eigens arrangiert von deren künstlerischer Leiterin Rosemay Dauvin, wurden von den vier Jazz Ladies in drolligem Englisch anmoderiert. Die im Rahmen der französischen Wochen in einer Kooperation zwischen dem Verein „Städte Partner Biberach“ und dem Jazzclub durchgeführte Veranstaltung war erneut, wie schon die beiden vorherigen mit „Joharpa“ und „Laura“, ein voller Erfolg: künstlerisch, völkerverbindend und kulturübergreifend.

Fotos: Wolfgang Volz

Das lockere Swing-Feeling, bekannt aus der Swing- und Bigband-Ära der 1930er und 1940er Jahre, wurzelte, wie bereits beim legendären Glenn Miller Orchestra oder den Andrews Sisters, in einem äußerst präzisen, minutiös und akribisch einstudiertem „Timing“, sauberem Satzspiel oder Satzgesang und höchster Disziplin. Was Füße und Beine mitwippen lässt und zum Tanzen animiert, Stimmung, Puls und Blutdruck steigen lässt und dabei dennoch leger wirkt, ist Ergebnis konzentrierter Probenarbeit. Das daraus resultierende Ergebnis zelebrierten die vier versierten Damen, neben der Bandleaderin noch Annabelle Bayet, Anaïs Nyamé-Siliki und Anne-Colombe Martin, die auch den Kontrabass zupfte, in überaus überzeugender Form. Obwohl jede Sängerin auch gleichzeitig ein oder gar mehrere Instrumente, Regenrohr, Drumpads, Claves, Kochlöffel oder Bratpfannen bediente, was für den eigens angeforderten Tontechniker durchaus eine Herausforderung darstellte, tat dies der strukturellen Vielschichtigkeit und Dichte keinerlei Abbruch. Gleichermaßen homogen und transparent ließ der Sound kaum etwas zu wünschen übrig, die Intonation der Sängerinnen war, auch dank gutem Monitoring, ausgezeichnet, die Sprachverständlichkeit, für die des Französischen kundigen Zuhörer, durchaus gegeben und akzeptabel.

Fotos: Helmut Schönecker

Die Stückauswahl, überwiegend traditionelle französische Chansons oder Songklassiker, etwa von Jane Birkin (La Gadoue) oder Serge Gainsbourg (La javanaise) – nein, nicht das berüchtigte und etwas anzügliche „Je t’aime“ aus der Hippie-Ära – bildete einen energiegeladenen, spritzigen Querschnitt mit hohem Unterhaltungswert. Jazztypische Improvisationen spielten zwar keine Rolle, das Swing- und Soul-Feeling, Spontanität und Interaktion mit dem Publikum, vor allem aber der hör- und sichtbare Spaßfaktor und die positive Energie des Quartetts konnten jedoch rundum überzeugen und begeistern. Der Sommerhit der Gruppe Niagara „L’amour à la plage“ von 1986 oder der explizit auch nochmal als Zugabe gewünschte Sommerhit des Jahres 1984 „Marcia Baëla“ des Duos „Les Rita Mitsouko“, verkörpern idealtypisch das französische Lebensgefühl, im Neuarrangement von Rosemay Dauvin in nochmals verstärkter Form.

Fotos: Helmut Schönecker

Besonders der inhaltlich eher tiefgründige Song von „Marcia Baëla“ verbindet die scheinbaren Gegensätze zwischen traurigem Textinhalt und dem lebhaften, in die Beine gehenden Mambo-Rhythmus des Refrains. Schlagerhafte Popmusik und flache Texte müssen also nicht zwangsläufig Hand in Hand gehen. Die Analogie zu der Praxis des New-Orleans-Jazz, mit langsamer, feierlicher Musik zur Beerdigung zu schreiten und mit lebhafter, dem Leben zugewandter Musik zurück ins Leben zu tanzen, ist in „Marcia Baëla“ offenkundig. Aber auch Parallelen zum barocken Lebensgefühl des „carpe diem“ („Nutze den Tag“ oder „Genieße den Augenblick“) angesichts des Elends langer Kriege, scheinen in der Kultur unseres Nachbarlandes deutlich präsenter als hierzulande geblieben zu sein. Diese positive Grundeinstellung zum Leben könnte durchaus zu einem wirksamen Mittel gegen eine besonders auch in Deutschland oftmals übertriebene Ernsthaftigkeit, einer weit verbreiteten Larmoyanz oder endlosen Grübeleien über eigentlich unwesentliche Dinge oder einfach nur gegen den Herbstblues werden.

Fotos Hans-Bernd Sick

Die Reaktionen aus dem Publikum schienen dieser französischen Wesensart und Lebensfreude gegenüber jedenfalls durchaus aufgeschlossen und so trägt die Partnerschaft mit Valence wohl auch in Biberach reiche kulturelle Früchte. In vergorener Form als „Côte du Rhône“ dürften diese an deutschen Gaumen, ebenso wie die Musik von „WaWa’Swing“ in den Gehörgängen, für frische, fruchtige Aromen mit langem Abgang gesorgt haben

Fotos: Hans-Bernd Sick

Text: Helmut Schönecker