75 Jahre Europa

Diplom-Politologe Ingo Espenschied präsentiert eindrucksvollen multimedialen Vortrag in Biberach

Mit seiner eindrucksvollen Live-Dokumentation „75 Jahre Europa“ war der Diplom-Politologe und Europa-Experte Ingo Espenschied am 3. und 4. Juli zu Gast in Biberach.

Der multimedial aufbereitete Vortrag schlug einen Bogen von der Zeit der Karolinger bis in die Gegenwart. Im Zentrum stand der sogenannte „Schuman-Plan“: 1950 schlug der französische Außenminister Robert Schuman vor, die Kohle- und Stahlproduktion Frankreichs und Deutschlands gemeinsam zu verwalten – ein politischer Geniestreich, der die wirtschaftliche und politische Verflechtung Europas einleitete und Kriege zwischen den Staaten dauerhaft verhindern sollte.

Dieser Plan ging auf: Europa war bis dahin als Kontinent der Kriege bekannt. Eine Studie ergab, dass die längste Friedensperiode etwa 6 Jahre dauerte. Nach dem II. Weltkrieg herrschte zumindest im zentralen Europa mit den früher untereinander verfeindeten Nationen wie Frankreich, England, Spanien und Deutschland seit 80 Jahren Frieden; Ausnahmen waren der Jugoslawien-Krieg und eben aktuell der Angriff Russlands auf die Ukraine, so Espenschied.

Espenschied erinnerte auch an den Enthusiasmus vieler junger Menschen jener Zeit, die sich mit Nachdruck für die Idee der Vereinigten Staaten von Europa einsetzten. Anhand einer grafischen „Fieberkurve“ zeigte er das Auf und Ab der europäischen Einigung in den vergangenen Jahrzehnten auf.

Heute, so Espenschied, werde angesichts multipler globaler Krisen wieder verstärkt über die Rolle Europas nachgedacht. Viele Entwicklungen machten deutlich, dass eine stärkere Zusammenarbeit der Nationalstaaten notwendig sei, um im internationalen Wettbewerb handlungsfähig zu bleiben. Zugleich sei unklar, ob Europa künftig gestärkt aus den aktuellen Herausforderungen hervorgehen werde und ob es den politischen Akteuren gelingen könne, historische Chancen ähnlich entschlossen zu nutzen wie einst Schuman.

Im Anschluss an beide Vorträge entwickelten sich Diskussionen. Dabei kamen auch Sorgen des Publikums über die Zukunft des europäischen Projekts zur Sprache.

Veranstaltet wurden die Vorträge vom Wieland-Gymnasium, der Dollinger-Realschule und dem Verein Städte Partner Biberach e. V.. Die Veranstaltungen wurden durch das Staatsministerium Baden-Württemberg und die Bruno-Frey-Stiftung unterstützt.

Text: R. Lange

Bilder: R. Lange, H.-B. Sick